Wie Reizbilder richtig reizen

Im Austausch mit Kollegen oder mit Mitarbeitern aus dem Innovationsmanagement wird regelmäßig und viel über Methoden und Techniken gesprochen. Dabei sticht die Reizbildtechnik oft mit Statements hervor wie: „Ich glaube, ich habe meine Teilnehmer damit erschreckt“, „Unsere Ingenieure mögen die Technik gar nicht“, „Meine Kollegen nehmen die Reizbildtechnik nicht für voll und seriös“, oder: „Wenn ich sie mehr als einmal benutze, wird es für die Teilnehmer gefühlt langweilig“.

Ich möchte und kann diese Statements nicht so stehen lassen, besonders weil ich vor vielen Jahren tatsächlich ähnliche Erfahrungen gemacht habe. Heute ist die Reizbildtechnik dagegen für mich eine der allerwertvollsten Kreativitätstechniken überhaupt. Deshalb habe ich Ihnen Tipps, Tricks, jede Menge Erfahrungen und ein Reizbildpröbchen zum Selbstversuch vorbereitet.

Starten wir zunächst bei den eher negativen Erfahrungen, die man mit der Reizbildtechnik machen kann und die ich auch durchaus früher gemacht habe. Solche negativen Erfahrungen haben in mir schon immer den Ehrgeiz entfacht, genau zu erkunden, warum diese Dinge passieren. Hier die wichtigsten Erfahrungen und Ergebnisse:

1. Faktor „Menge“

Reizbildpakete müssen wirklich viele Bilder enthalten. Reizbildpakete mit nur bis zu 50 Bildern funktionieren nicht wirklich gut. Sie werden schnell langweilig und der so wichtige Trieb der Neugier und des Entdeckens kann nicht ausgelebt werden. Meine Standardpakete umfassen mindestens 190 Bilder, das größte sogar über 750 Bilder.

2. Faktor „Größe“

Reizbilder dürfen weder zu klein noch zu groß sein. Sind sie zu klein, dann sind sie zu unattraktiv, sind sie zu groß, dann machen sie ungeübten Teilnehmern tatsächlich Angst. Größen im Rahmen von 15 x 20 cm haben sich in den vielen Jahren des Testens am optimalsten dargestellt.

3. Faktor „Papier“

Bitte drucken Sie niemals Reizbilder auf einfachem Kopierpapier aus. Es sollte schon schwereres Fotopapier oder Fotokarton sein. Auch dadurch steigt die Attraktivität deutlich.

4. Faktor „Druckqualität“

Hier gibt es die klare Erkenntnis, dass Bilder, die hochglänzend produziert wurden, viel besser funktionieren als Bilder in matt oder seidenglänzend. Die geringfügig höheren Druckkosten zahlen sich in der Anwendung sofort wieder aus.

5. Faktor „Motiv“

Hier spielen Bildregie und Bilddramaturgie eine äußerst wichtige Rolle. Die Reizbilder sollten gleichzeitig spannend und auch gefällig sein, die Bildregie sollte daher immer annähernd dem Goldenen Schnitt folgen. Des Weiteren sollten sie entweder eine kleine Szene oder ein Detail zeigen, das immer ein Geheimnis offen lässt. Genau dieses Geheimnis kitzelt die Fantasie und Kreativität. Die Motive sollten sicher auf der einen Seite total vielfältig sein, aber jedes einzelne Motiv darf in seiner Bildregie und Dramaturgie niemals beliebig sein. Ein Kunde hat mal den Begriff „Alltagsmakros“ für meine Bilder geprägt. 

Kommen wir nun zu den Erfahrungen, die mit der direkten Anwendung der Reizbilder zu tun haben. Auch hier habe ich für mich in den letzten Jahren viele spannende Erkenntnisse gesammelt:

  • Nur Personen, die diese Technik tatsächlich für die Lösung der eigenen Herausforderungen einsetzen, werden damit auch im Innovationscoaching Erfolg haben. Bei vielen Techniken ist das nicht relevant, aber bei der Reizbildtechnik schon. Damit es hier keine Ausreden gibt, können Sie im Anschluss an den Artikel ein Reizbildpröbchen, zum Selbstversuch, mit 11 Reizbildern runterladen und es gibt eine Kurzanleitung der Basisvariante der Reizbildtechnik.
  • Gehen Sie bei der Reizbildtechnik immer als Trainer mit gutem Beispiel voran und äußern selber mit einem Reizbild erste Gedanken – seien Sie ein Vorbild, dann folgen die Teilnehmer ohne Mühe.
  • Arrangieren Sie die Reizbilder so, dass alle Teilnehmer leichten Zugriff haben. Breiten Sie die Reizbilder schon aus, bevor die Teilnehmer im Raum sind. Wenn ich mein großes Reizbildpaket mit über 750 Bildern auf dem Boden ausbreite, bekommt sogar der Raum einen total inspirierenden Charakter und die Teilnehmer fangen spontan an, in dem großen Haufen zu stöbern und es entwickelt sich automatisch eine tolle Dynamik.
  • Nutzen Sie die Reizbildtechnik in ihrer großen Bandbreite und in vielen verschiedenen Varianten. In der großen Vielfalt der Einsatzmöglichkeiten der Reizbildtechnik liegt ein wahrer Schatz vergraben – mehr dazu im nächsten Abschnitt.

Eigentlich gibt es gar nicht nur eine Reizbildtechnik. Die Reizbilder bieten eine extrem große Einsatzbandbreite. Hier zunächst die vielleicht schon klassische Basisvariante:

Schritt 1: Was ist Ihre Herausforderung? Formulieren Sie Ihre Herausforderung nun in eine Fragestellung um. Beispiel: „Wie könnte unser Messestand besser punkten?“

Schritt 2: Suchen Sie schnell, spontan und zufällig ein Reizbild aus der großen Menge der Reizbilder aus.

Schritt 3: Nun sollten alle Teilnehmer ihre Assoziationen zu dem Bild mit der Herausforderung verbinden und ihre Gedanken dazu, als ganze Sätze, auf beispielsweise Moderationskarten schreiben. Welche Objekte, Farben, Gefühle, Erfahrungen, Details fallen besonders auf. Z.B.: „Der Messestand könnte außerhalb der Halle sein.“ „Der Messestand vermittelt die Stimmung eines Kaminzimmers.“ „Der Messestand könnte aussehen wie eine Schießbude und unsere Produkte könnten der Preis sein.“ „Wenn der Messestand nach Kaffee riechen würde, würden mehr Besucher kommen.“

Schritt 4: Lassen Sie sich von den Sätzen mitreißen und zu neuen Denkwegen führen.

Aber die Reizbildtechnik kann noch viel mehr, hier eine Liste der Einsatzmöglichkeiten:

  • Basisvariante – Alle Teilnehmer lassen sich von einem Bild inspirieren.
  • Basisvariante 2 – Jeder Teilnehmer greift ein eigenes Bild und leitet Gedanken und Ideen ab.
  • Werbeslogans – Mit Hilfe der Bilder werden direkt Sätze als Werbeslogans gebildet.
    Satz mit Vorgabe – Die Teilnehmer müssen mit Hilfe der Bilder Sätze bilden, wobei zum Beispiel bestimmte Wörter vorkommen müssen. Beispiel: Bildet Sätze mit Hilfe der Bilder in denen unser Firmenname und das Wort Effizienz vorkommen.
  • Vorstellungsrunden – Die Reizbildtechnik eignet sich hervorragend als Werkzeug in Vorstellungsrunden. Besonders auch für Teams, die sich schon lange kennen, ist die Methode sehr attraktiv. Beispielfragen für eine Vorstellungsrunde nach der sich jeder Teilnehmer ein Bild genommen hat: „Was verbindet Sie mit diesem Bild?“, „Was hat dieses Bild mit Ihrem Job zu tun?“, „Warum hat Ihr Kollege sein Bild wohl ausgewählt?“ – oder die Teilnehmer bekommen die Aufgabe ein Bild zu suchen, welches sie gut beschreibt.
  • Auch als ICE-Breaker und Reaktivierungstool nach Mittagspausen oder anstrengenden Arbeitsphasen eignen sich die Reizbilder.
  • Wahrnehmungstraining – Lassen Sie als Wahrnehmungstraining die Teilnehmer jeweils eine Liste der Dinge erstellen, die sie in einem Bild sehen. Der Teilnehmer mit der längsten Liste gewinnt.
  • Stimmungsbilder / Creative Casting – Das Creative Casting (nach dem Brainfloating-Prinzip von Harald Braem) ist eine leichte, erfrischende Perspektiverweiterung mit Reizbildern, die als Ergebnis ein Mood Chart (eine Art Reizbildcollage) produziert. Dieses Stimmungsbild bildet die Grundlage zum Beispiel für das weitere Vorgehen in einem bestimmten Projekt.
  • Creative Collages – Die Kombination der Reizbilder erzeugt mentale Bilder, die die Kreativität anregen und Teams in der Diskussion zu noch mehr neuen Ideen bringen. Wenn z.B. zwei nicht zusammengehörende Bilder in einer Collage kollidieren, transformiert unsere Vorstellungskraft sie zu einer gemeinsamen, neuen Realität, die höher („transzendiert“) ist als die zwei Einzelbilder. Die Collage ist bedeutungsvoller als das Ausgangsmaterial und stellt unter Umständen etwas ganz anderes dar.
  • … und es gibt noch viel mehr Techniken, die sich der Reizbilder bedienen wie „Bild-Text-Potenzierung“, „Mindmapping“, „Bilder statt Worte“, „Storyboarding“, „Random Stimulus“, „Visuelle Synektik“ und einige mehr.

Ich hoffe, Sie können nun etwas mehr nachvollziehen, „wie Reizbilder richtig reizen“. Tauchen Sie ein in eine der spannendsten Kreativ- und Inspirationstechniken überhaupt. Nutzen Sie unser Reizbildpröbchen und machen Sie einen ersten Selbstversuch – getreu der großen Erkenntnis von Leonardo da Vinci „Wir sind Augenwesen!“. Für alle, die die Reizbildtechnik besonders spannend finden, eignet sich besonders unser Selbstlernkurs zum „Reizbild Facilitator„.

Mit inspirierenden Grüßen,
Benno van Aerssen